02.09.2007, Pfarrfest in St. Familia 
 
 
Wie erklärt man den heiligen Geist? 
 
Ich versuche es mal mit der Orgelpfeife!
 
Davon gibt es welche aus Holz, aus Metall, sehr große, sehr kleine, dicke, dünne, reich verzierte und schlichte. Unsere Orgel verfügt über etwa 35 Register und jedes Register (jede Klangfarbe oder Stimmung also) hat für jeden Ton und jeden Halbton eine Pfeife. Unsere Orgel hat ca. 2000 verschiedene Pfeifen; Zufall oder nicht: annähernd so viele wie territoriale Gemeindemitglieder.
 
Aber ganz gleich, ob die Pfeifen groß, klein, dick, dünn, reich verziert oder schlicht sind, sind sie allesamt doch zunächst nur leere Hüllen. Erst, wenn die Luft in den Pfeifen (die immer schon da ist) in Bewegung kommt, dann erst folgt die Orgelpfeife ihrer Bestimmung, erzeugt einen Ton und im Zusammenspiel mit anderen Tönen und Registern schöne Musik.
 
MARSCH
 
Unser Problem ist es oft, unseren Ton, vielleicht auch unser Register, zu finden oder wieder zu finden:
 
Kinder haben damit kein Problem: Sie werden mit den verschiedensten Tönen und Registern geboren und sie scheuen sich nicht, ihr gesamtes Umfeld damit zu erfreuen. Sie können alle Register ziehen und wir verstehen sogar meist, was sie uns erzählen wollen:  Ich habe Hunger, ich bin müde, mir ist langweilig, ich hab die Windeln voll, ich will spielen usw. usw…. und ich weiß nicht, ob ich den Heiligen Geist dafür verantwortlich machen kann, dass sie immer mit ausreichend Luft versorgt sind!
 
ORGEL
 
Irgendwann stimmen die Töne der Kindheit nicht mehr, neue Register wollen geöffnet werden; doch auch die Töne der Jugend haben so ihre Tücken:
 
Es kommt nicht immer der Ton raus, den der Kopf denkt; oder doch???
 
„Denke ich wirklich, was ich sage?“
 
bin ich schrill genug, laut genug, cool genug aktiv genug oder bin ich all das nicht?
 
Es ist das Vorrecht der Jugend, alle möglichen und unmöglichen Töne von sich zu geben, auch die schrägsten Register noch zu ziehen, vieles zu probieren, um irgendwann festzustellen: Dieses gehört zu mir und jenes eben nicht. Dieses wird mir auch künftig wichtig sein, jenes war allenfalls eine lehrreiche Erfahrung.
 
Im Erwachsenenleben kommt es uns zunächst darauf an, uns zu verorten in den verschiedenen Lebensbereichen: Familie, Beruf, Freunde, Kirche, Ehrenämter…
 
Eine große oder kleine Pfeife zu sein in einem Register.
 
Viele Register stehen jetzt zu unserer Verfügung, fordern uns aber auch heraus, zu sortieren und zu reflektieren:
 
Welcher Ton will ich sein?
 
Bin ich ein satter, tragender, warmer Ton, den man gerne anspielt und gerne hört oder bin ich zuständig für die seltenen, besonderen Momente, vielleicht bin ich aber auch schrill und laut oder ein ganz leiser Ton.
 
Wo stehe ich im Register?  Mehr seitlich; links ganz klein, rechts ganz groß oder mehr in der Mitte.
 
Stimmt mein Register noch?
 
Es gibt dumpfe, traurige, schrille, nervige Register ebenso wie zarte, sanfte, satte, warme, jubilierende und Power-Register.
 
Kleine Pause, Ende der Orgelbegleitung
Am Abend des Tages der ersten Woche, als die Jünger sich trafen, waren wohl eher die traurigen, depressiven Register geöffnet.
 
Dann trat Jesus in die Mitte:
 
Zur Mitte gelangen heißt: Alle unwesentlichen Fragen nach und nach zu verlieren und die wahren Fragen zu stellen:
 
Wer bin ich selber? Was gehört zu mir? Wo sind meine Chancen?
 
Wer will ich sein? Welche Sehnsucht treibt mich?
 
Und zweimal sagt Jesus „Shalom.“ Im aramäischen Ursprung heißt das so viel wie: ganz sein! heil werden! im inneren Lot sein! und dadurch die Fähigkeit besitzen, durch innere Ausgeglichenheit Harmonie auch schenken zu können.

Harald Fischer